FEES-Curriculum der ESSD

Auf Basis des DGN-Curriculums wurde 2017 ein europäisches Curriculum entwickelt (Dziewas, et al. 2017), das einen Schritt weiter gehen sollte, als die deutsche Variante. Auch dieses Curriculum legt großen Wert darauf, dass es ausschließlich für neurogene Dysphagien und deren Diagnostik geht. 

Das europäische FEES-Zertifikat unterscheidet sich eher an der Organisation der Kurse als in Bezug auf die Inhalte von dem Ausbildungsweg der DGN.

Qualifizierte Ausbildung

Das Curriculum sieht ebenfalls zwei Zertifikate vor. Ein europäisches FEES-Zertifikat, das die Ausbildung derer regelt, die täglich an der Durchführung der Schluckuntersuchungen beteiligt sind und ein europäisches FEES-Ausbilder-Zertifikat, das erfahrene und qualifizierte Diagnostiker zur Ausbildung weiterer Kolleginnen und Kollegen befähigt.

Die Inhalte der Ausbildung sind sehr umfangreich. Sie sind verteilt auf ein Basisseminar mit einem Umfang von 24 Unterrichtseinheiten inklusive einer theoretischen Prüfung sowie einen praktischen Teil mit 60 durchgeführten Untersuchungen, der ebenfalls mit einer Prüfung abschließt. Können die erforderlichen Ausbildungsschritte nachgewiesen werden, stellen die ESSD und die Europäische Schlaganfall-Gesellschaft (ESO) das Zertifikat aus.

Ablauf der Ausbildung

Für alle interessierten Ärzte und Therapeuten im folgenden der Weg zum eigenen FEES-Zertifikat:

  1. FEES Basiskurs besuchen:
    Auf den Seiten der ESSD oder auch bei einschlägigen Anbietern von Fortbildungen (zum Beispiel sefft.net) sucht man sich eine der angebotenen Basisfortbildungen und absolviert diese erfolgreich inklusive der theoretischen Prüfung. Dabei ist darauf zu achten, dass man eine von der ESSD organisierte Fortbildung wählt.
  2. praktische Ausbildung:
    In diesem Schritt müssen zunächst 30 direkte Supervisionen durchgeführt werden. Also mit einer/einem Ausbilderin/Ausbilder gemeinsame Untersuchungen. Im Anschluss noch 30 weitere, indirekt supervidierte, Untersuchungen
  3. praktische Prüfung:
    Nach erfolgter Ausbildung meldet man sich bei der DGN zur Prüfung. Diese verweist den angehenden Diagnostiker an einen weiteren FEES-Ausbilder, der die praktische Prüfung abnimmt. Diese umfasst eine durchgeführte Untersuchung und die Auswertung vorgelegter FEES-Filme. 
  4. Das eigene Zertifikat:
    Schließt man die Prüfung erfolgreich ab, beantragt man mit den Nachweisen über die Basisfortbildung, einem geführten FEES-Buch über die eigenen Untersuchungen und dem Nachweis über die bestandene praktische Prüfung das FEES-Zertifikat bei der Arbeitsgruppe FEES der DGN.

FEES Basiskurs

In der Basisausbildung lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die technischen und medizinischen Grundlagen für die FEES. Auch die Grenzen und Kontraindikationen werden thematisiert und Krankheitsbilder vorgestellt, bei denen die FEES ein wichtiges Diagnostikverfahren darstellt. Schwerpunkte sind aber die Handhabung und Platzierung des Endoskops und die Auswertung und Befundung der Beobachtungen im Rahmen der Schluckuntersuchung nach FEES-Standard. Damit sind die Inhalte der Basisfortbildung nach ESSD-Curriculum eng an die Vorgaben der amerikanischen ASHA (American Speech-Language-Hearing Association 2002) angelehnt und können als erprobt gelten.

Die Inhalte des FEES Basiskurses nach ESSD

Innerhalb des Curriculums der FEES-Ausbildung der ESSD sind folgenden Inhalte verpflichtend in einem FEES Basiskurs zu vermitteln:

A) Grundlagen 

  • Geschichte der flexiblen endoskopischen Evaluation des Schluckakts (FEES) 
  • Ziele der Untersuchung
  • Indikationen
  • Kontraindikationen
  • Grenzen
  • Untersuchungsablauf
  • Rollenverteilung der Untersucher
  • AlternativeVerfahrenderapparativenDysphagiediagnostikundihreIndikation
    • Videofluoroskopie des Schluckens
    • Manometrie des Pharynx und des Ösophagus 

B) Krankheitsbilder 

  • Neurovaskuläre Erkrankungen (z.B. ischämischerSchlaganfall)
  • Neurodegenerative Erkrankungen (z.B. M.Parkinson)
  • Neuromuskuläre Erkrankungen (z.B. amyotrophe Lateralsklerose, Polymyositis)
  • Neurotraumatologische Erkrankungen (z.B. Schädel-Hirn-Trauma)
  • Neuroonkologische Erkrankungen (z.B. Gliome, paraneoplastische Erkrankungen)
  • Neuroinfektiologische Erkrankungen (z.B. Hirnstammenzephalitis)
  • Altersbedingte Veränderungen der Schluckfunktion (Presbyphagie)
  • Differenzialdiagnosen der neurogenen Dysphagie (z.B. Z.n. Halswirbelsäuenoperation, M. Forestier, Desobliteration der A. carotis interna, laryngealer Reflux, Zenker-Divertikel) 

C) Technische Ausstattung 

  • Flexibles Endoskop
    • Fiberendoskope 
    • Videoendoskope 
  • Lichtquelle 
  • Videokamera
  • Bearbeitungssoftware
  • Verbrauchsmaterialien
  • Hygiene und Aufbereitung

D) Vorbereitungen

  • Aufklärung
  • Positionierung des Patienten 
  • Lokalanästhesie
  • Abschwellende Nasentropfen
  • „Defogging“
  • Notfallmanagement 

E) Handhabung und Platzierung des Endoskops 

  • Endoskophaltung und Bedienung 
  • Nasenpassage
  • Velum
  • Oro-/Hypopharynx und Larynx 
    • Übersichtseinstellung
    • Naheinstellung 

F) FEES-Standardprotokoll 

  • Ruhebeobachtung und anatomische Untersuchung 
    • Nasengangstenosen
    • Velopharyngeale Inkompetenz 
    • Pharynxstenose 
    • Postoperative Befunde 
    • Schleimhautveränderungen
    • Ödeme
    • Zeichen des gastroösophagealen Refluxes 
    • Magensondenlage 
    • Speichelaufstau
    • Stellunganomalien von Epiglottis, Aryknorpel und Glottis
  • Physiologische Untersuchung
    • Velopharyngealer Verschluss
    • Bewegung des Zungengrunds
    • Epiglottisinversion
    • Pharynxwandkontraktion
    • Stimmband- und Taschenfaltenbewegung
    • Sensible Funktionen
  • Schluckuntersuchung
    • Konsistenzauswahl in Abhängigkeit von der Fragestellung „White-out“-Charakterisierung und „Post-swallow“-Phase Identifikation der Hauptbefunde 
      • Orale Boluskontrolle
      • „leaking“
      • Verzögerter Schluckreflex 
      • Residuen
      • Penetration 
      • Aspiration
      • Zeitliche Zuordnung von Penetration und Aspiration (prä-, intra-, postdeglutitiv)
      • Suffizienz der Reinigungsfunktionen 
    • Identifikation des wesentlichen Pathomechanismus
  • Überprüfung therapeutischer Manöver
  • Befundung
    • Klassifikation 
    • Schweregradeinteilung
    • Therapeutische Konsequenzen (z. B. Ernährungsmanagement, Rehabilitation)
  • Indikationen für die Überweisung an andere medizinische Fachrichtungen (z. B. Gastroenterologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Phoniatrie) 

G) Spezielle neurologische Untersuchungsprotokolle 

  • FEES-ProtokollfürSchlaganfallpatienten
  • FEES-Tensilon-Test
  • FEES-Belastungstest
  • FEES-L-Dopa-Test 
  • Dekanülierungsprotokoll

Außerdem umfasst bereits der FEES Basiskurs mit zehn Nasenpassagen und kurze Endoskopien, die sowohl am Modell als auch unter den Teilnehmenden untereinander durchgeführt werden sollen.

Die Auswertung wird in Kleingruppen anhand von mindestens 25 Video-Beispielen geübt.

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